Tansanische Perspektiven auf die Corona-Pandemie

Tansanische Perspektiven auf die Corona-Pandemie

 

Es gibt kaum Nachrichten hier über Corona in Tansania.  Was wir lesen können, lässt uns eher den Kopf schütteln. Präsident Magufuli sagt, dass Beten und Kräuter helfen bei der Vorbeugung gegen Covid-19, und er warnt vor Impfungen, weil der Impfstoff an der tansanischen Bevölkerung nur getestet werden soll. Das hört sich für uns eher befremdlich an, aber vielleicht gibt es eine ganz andere Perspektive aus tansanischer Sicht.

Um nicht vorschnell zu urteilen, haben wir einige Personen aus Mrimbo gefragt, wie die Situation in Tansania heute aussieht.

  1. Welche Auswirkungen hat Corona auf die Lebenssituation der Bevölkerung in Mrimbo?

Grace (Marktfrau): Die Dinge haben sich verändert, die Menschen sind verwirrt, das Geschäft und die Wirtschaft liegen am Boden, und einige Familien müssen sogar hungern.

  1. Hat sich die Wahrnehmung der Pandemie Anfang 2021 verändert im Vergleich zum Beginn der Pandemie Anfang 2020?

Leonce (Schulleiter): Ja, letztes Jahr waren die Leute sehr vorsichtig. Dann hat die Behörde verkündet, dass Tansania Corona-frei ist. Als Ergebnis sterben jetzt viele Menschen.

  1. Wie steht die Regierung aktuell zu Covid-19?

Belinda (Soziologin): Wir sollen uns schützen, wenn wir Ausländer treffen.

George (Soziologe): Die Regierung bleibt stur und akzeptiert die Tatsache nicht, dass Covid-19 in Tansania jeden Tag ernster und schlimmer wird. Wir haben so viele Todesfälle auch in Regierungskreisen.

  1. Wie ist die Position der Kirche?

Leonce: Die Kirche predigt nicht nur, sondern informiert auch.

George: Wir werden von Bischof Shoo aufgefordert, Gott nicht auf die Probe zu stellen, indem wir keine Maßnahmen ergreifen, in der Hoffnung, dass er uns beschützen wird.

  1. Wie ist die Atmosphäre in der Gesellschaft?

Grace: Die Situation ist im Moment schlecht, es ist sehr ruhig um uns herum, und wir haben Angst voreinander. Wir können uns jetzt nicht einmal mehr die Hand geben.

  1. Arbeitet die Regierung an einer Impfstrategie? Ist Impfen ein Thema in der Gesellschaft?

George: Leider arbeitet die Regierung nicht an einer Impfstrategie.

Belinda: Die Impfstoffe sind tödlich. Es wird empfohlen, sich nicht impfen zu lassen.

  1. Wünschst du dir etwas von der europäischen Politik und Zivilgesellschaft?

George: Ich rufe die europäischen Regierungen auf, Druck auf die tansanische Regierung auszuüben, damit sie beim Umgang mit dieser Pandemie kooperiert. So können viele Menschen hier gerettet werden.

Leonce: Ja, dass sie darauf bestehen, dass die Behörden unseres Landes offizielle Daten bekannt geben. Eine Unterstützung von Krankenhausausstattungen und Medikamente sowie Spezialisten wäre hilfreich.

Belinda: Wenn es möglich ist, die Frauen in ihrem Alltag zu unterstützen, wäre das sehr hilfreich. Sie sind sehr gefordert in der Zeit der Pandemie und tragen eine große Last.

              Gema (Leiterin der Frauengruppen): Ich wünsche, sie könnten uns mit der richtigen

Impfung helfen und auch wirtschaftliche Unterstützung geben.

 

Die Verzweiflung in der tansanischen Gesellschaft ist groß. Wir können davon ausgehen, dass Präsident Magufuli genau diese Verzweiflung vermeiden wollte, als er zum Gebet gegen die Pandemie aufgerufen hat. Leider hat er dabei den Menschen und der Welt den Zugang zu Informationen verweigert. Das stellt sich jetzt als ein großer Fehler dar. Die Antworten machen es deutlich. Die Haltung des Präsidenten hat zu einer besorgniserregenden Polarisierung der Gesellschaft in Tansania geführt. Was würden wir tun, wenn wir wissen, dass keine Hilfspakete für die Bevölkerung geschnürt werden können und keine Intensivbetten zur Behandlung vorhanden sind? Wir stecken alle in einem Dilemma der Abwägung, aber die Perspektiven sind unterschiedlich. In Tansania geht es um die Abwägung zwischen weniger Todesfällen durch Corona und einer größeren Hungersnot aufgrund eines wirtschaftlichen Stillstandes. Es ist wirklich zum Verzweifeln.

Die Tansaniagruppe konnte aus den Weihnachtsspenden den Corona-Nothilfefonds aufstocken und somit bei der Linderung der größten Not unterstützen.

„Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage soviel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen.“ Dietrich Bonhoeffer

Gottvertrauen macht uns stark, eine solidarische Verantwortung zu tragen, die jetzt benötigt wird – bei uns wie in Tansania.

 

Bleiben Sie gesund und behütet.

Birgitta Henrich

Tansaniagruppe

 

Spendenkonto: Kirchengemeinde Heikendorf

Evangelische Bank, IBAN: DE96 5206 0410 4106 4634 01

Stichwort: Tansania – Corona-Nothilfe-Fonds